Pressemitteilung: Polizei zensiert Wandbild für die Keupstraße / NSU-UA in NRW

Polizei Berlin zensiert solidarisches Wandbild für die Kölner Keupstraße /
Initiative fordert lückenlose Aufklärung des NSU-Komplexes durch NRW-Untersuchungsausschuss

Köln, 03.06.2014 – Die Initiative „Keupstraße ist überall“ verurteilt das Vorgehen der Polizei Berlin, die ein Wandbild in Berlin zum zehnten Jahrestag des NSU-Bombenanschlags auf die Kölner Keupstraße, zensierte. Ausdrücklich begrüßt wird die heute beschlossene Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses in Nordrhein-Westfalen.

Das heute in Berlin eingeweihte Wandbild an der Manteuffelstraße / Ecke Oranienstraße sollte an die jahrelangen Drangsalierungen der Betroffenen durch die Ermittlungsbehörden erinnern. Bis zur Selbstenttarnung des NSU 2011 ermittelten die Behörden ausschließlich gegen die zum Teil schwer Verletzten und Geschädigten der Bombe und machten aus Betroffenen Täter. Der inkriminierte Satz auf dem Solidaritätsplakat, der die Verstrickungen zwischen dem Verfassungsschutz und der rechtsextremen Szene in Deutschland thematisierte, lautete „Staat & Nazis – Hand in Hand“. Dies sei, so das LKA Berlin, eine strafbare Verunglimpfung des Staates. „Wir wenden uns gegen jede Form der Zensur.

Keupstr_wandbild_Berlin_3Der kriminalisierte Satz spitzt zu, was wir uns in dieser Affäre alle fragen: wo hört der NSU auf und wo fängt der Staat an?“, so ein Sprecher der Initiative „Keupstraße ist überall“.

NRW-Untersuchungsausschuss begrüßt

Die Initiative „Keupstraße ist überall“ begrüßt ausdrücklich die Einrichtung eines NSU-Untersuchungsausschusses in Nordrhein-Westfalen. „Entscheidend wird es sein, dass auch die Rolle der Polizei und des deutschen Inlands-Geheimdienstes Verfassungsschutz unter die Lupe genommen wird. Wir fordern ein, dass geklärt wird:

– Welche Neonazihelfer_innen in NRW und welche Neonazistrukturen aus dem Blood & Honour und C18 Umfeld dem NSU zugearbeitet haben?

– Warum wurde, im Falle der Keupstraße, noch am Tag des Nagelbombenattentates, ein rechtsradikaler Hintergrund öffentlich ausgeschlossen?

– Wie viele Mitarbeiter sich von Polizei, Staats- und Verfassungsschutz wirklich am Tag des Nagelbombenattentats in der Keupstraße und der näheren Umgebung aufhielten und warum?

– Wie ist der NSU an Informationen über lokale Örtlichkeiten, wie die der Probsteigasse, gekommen? Wer hat die Bombe in der Probsteigasse wirklich abgelegt?

– Warum wurden mögliche Helfer, wie beispielsweise ein ehemaliges Blood & Honour Mitglied aus Thüringen, der auch als V-Mann tätig war, nie in den engeren Kreis der Verdächtigen genommen?

– Warum wurde Carsten S., der aus Thüringen kommend nach Düsseldorf gezogen war, als ehemaliges Mitglied des Thüringer Heimatschutzes und JN Kreis Vorsitzender, nie genauer unter die Lupe genommen? Und das, obwohl öffentlich bekannt war, in welcher Szene er in Thüringen agiert hat?

Der NSU-Komplex muss lückenlos aufgeklärt werden!

Initiative „Keupstraße ist überall“

 

Weitere Informationen

Pressemitteilung Bündnis gegen Rassismus Berlin, 03.06.2014: Berliner Polizei zerstört Wandbild zur Erinnerung an den NSU-Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße  

NSU-Blog Zeit Online, 03.06.2014: Ärger um Wandbild 

 

Pressekonferenz

Wir möchten Sie neben einer Vorstellung des Initiativbündnisses über die geplante Begleitung der Nebenkläger_innen der Keupstraße im NSU-Prozess in München informieren.

Es werden neben Vertretern der Initiative „Keupstraße ist überall“ auch Nebenkläger im NSU-Prozess sprechen.

Datum: Sonntag, 08.Juni 2014, 15.30h
Ort: Café/Kahvesi Sabahçı (hinterer Raum), Keupstraße 87, Köln-Mülheim

 

UPDATE, 03.07.2014

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt. Sie bewertet die strittige Aussage als eine im Kontext der Erkenntnisse zum NSU-Komplex zulässige Meinungskundgabe und betont, „dass die Formulierung ‚Staat und Nazis Hand in Hand‘ keine Gleichsetzung des Staates mit Nazis zum Ausdruck bringt, sondern nur eine enge Kooperation des Staates mit Nazis anprangert.“ Dies möge provokativ und überzogen sein, räumt die Staatsanwaltschaft ein, ergänzt aber: „Doch vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatte um die Rolle von staatlichen Organen im Zusammenhang mit den Anschlägen des NSU und der Aktualität dieser Debatte aufgrund des in München laufenden Prozesses gegen Beteiligte des NSU, sowie des 10. Jahrestages des Terroranschlages in Köln sei die Äußerung indes als zulässige Meinungskundgabe hinzunehmen.“

Migazin, 02.07.2014 – NSU-Schlappe für Polizei: „Staat und Nazis Hand in Hand“ verunglimpft Staat nicht