Pressemitteilung – 20.01.2015: Die Keupstraße ergreift das Wort

Ab Dienstag sagen Betroffene des neonazistischen Nagelbombenanschlages vom 9. Juni 2004 auf der Kölner Keupstraße als Zeugen im NSU-Prozess aus. Die Initiative „Keupstraße ist überall“ ruft für den ersten Verhandlungstag ab 9 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude auf, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen und die Betroffenen zu stärken. Unter dem Motto „Für eine Gesellschaft ohne Rassismus – Keupstraße ist überall“ macht sich ab 17.30h ein Demonstrationszug zum Sendlinger Tor auf.

  • Betroffene des rassistischen Nagelbombenanschlags auf der Kölner Keupstraße sagen ab Dienstag im NSU-Prozess aus
  • Antirassistische Kundgebung vor dem Oberlandesgericht München und Demonstration zum Sendlinger Tor unter dem Motto „Für eine Gesellschaft ohne Rassismus – Keupstraße ist überall“
  • Aktionsbündnis „NSU-Komplex auflösen“ fordert eine vollständige Aufklärung der Mord- und Anschlagsserie, die Aufdeckung des dahinter stehenden Neonazi-Netzwerks sowie die Offenlegung geheimdienstlicher Beteiligung
  • Parallel finden Kundgebungen in mehreren Städten Deutschlands statt
  • Pressekonferenz, 20.01.2015, 13h, Augustinerkeller, Jagdstub’n, Arnulfstraße

Über sieben Jahre wurden die Betroffenen der Bombe Verdächtigungen der Polizei und der Behörden ausgesetzt. „Diese Opfer-Täter-Umkehrung erfahren viele Opfer rassistischer Gewalt in Deutschland. Weisen die Betroffenen auf die rassistischen Hintergründe hin, wird dieses von Polizei und Medien häufig bagatellisiert. Diese Diskriminierung sowie der dahinter liegende strukturelle Rassismus müssen konsequent bekämpft werden“, so Gabriele Metzner von der Initiative. „Mit der heutigen Kundgebung möchten wir die Opfer rassistischer Gewalt stärken und ihnen eine Plattform geben, über ihre Erfahrungen zu berichten. Die Keupstraße ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass auch rassistischer Terror uns nicht spaltet. Der NSU hat nicht gesiegt, die Keupstraße ist heute ein Ort, an dem rassistischer Terror angeklagt wird und solidarische Bündnisse geschmiedet werden.“ Mitat Özdemir, Gewerbetreibender in der Keupstraße und Mitgründer der Initiative ergänzt: „Der NSU ermordete gezielt Geschäftstreibende und griff die Keupstraße als florierende Laden- und Geschäftsstraße sowie als ein Zentrum der türkischen Community in NRW an. Die gezielten seriellen Hinrichtungen in Nürnberg, Hamburg, München, Rostock, Dortmund und Kassel sowie die Bombe in der Kölner Probsteigasse und der versuchte Massenmord auf der Keupstraße sollten Angst und Unsicherheit in den migrantischen Communitys erzeugen. Das ist nicht gelungen, migrantisches Leben ist ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Wir stehen zusammen.“

Mehrere antirassistische Initiativen und Opferberatungsstellen aus ganz Deutschland haben sich mit der Initiative „Keupstraße ist überall“ zu dem bundesweiten „Aktionsbündnis NSU-Komplex auflösen“ zusammengeschlossen, um die Aufklärung der Verbrechen des NSU und anderer rassistischer Anschläge voranzutreiben. Einer der Sprecher, Massimo Perinelli, erklärte: „Über viele Jahre haben Neonazistrukturen in ganz Deutschland gemordet. Sie wurden vom deutschen Inlands-Geheimdienst Verfassungsschutz aufgebaut, finanziert und beschützt. Diese Tatsache, ebenso wie gesellschaftlicher Rassismus und behördliches Versagen gehören zum NSU-Komplex dazu. Wir – Betroffene und Antirassist_innen – klagen gemeinsam alle Verantwortlichen an und fordern die Aufdeckung und Verurteilung von gesellschaftlichem und institutionellem Rassismus. Der heutige Tag X stellt nicht das Ende unserer Arbeit dar, sondern markiert einen Anfang. Wie viel Staat steckt im NSU?“

Parallel zu der Demonstration in München finden in Hamburg, Rostock, Potsdam, Göttingen und Siegen Kundgebungen statt unter dem Motto „Keupstraße ist überall“ zum Gedenken an die NSU-Opfer und als Zeichen der Solidarität mit den Betroffenen der Keupstraße.

Auf der Kundgebung in München stehen die Berichte der Betroffenen im Mittelpunkt. Daneben gibt es ein buntes musikalisches Programm mit den Rapper_innen Refpolk, Chaoze One, Lea-Won, Esrap und Microphone Mafia, den Liedermachern Cetin Oraner und weiteren Künstler_innen. In der Mittagspause der Gerichtsverhandlung berichten Anwälte der Nebenklage von den aktuellen Ereignissen im Prozess. Die Rechtsextremismus-Expertin Heike Kleffner, die Gruppe „NSU Watch“ sowie die Bundestagsabgeordnete Martina Renner erzählen in Gesprächen unter anderem über die Arbeit der Untersuchungsausschüsse. Videos, Lesungen, Sound-Collagen, Performances und Kunstaktionen bieten für die Teilnehmer_innen ein buntes Tagesprogramm.

Auch über den ersten Tag hinaus unterstützt die Initiative die Betroffenen während der Verhandlungstage vor Ort. Auch für den 21., 22., 27. und 28. Januar liegen Ladungen vor. Die Initiative hat weitere Aktionen angemeldet.

Website:

www.keupstrasse-ist-ueberall.de

Pressefotos und weitere PM finden Sie unter:
www.keupstrasse-ist-ueberall.de/presse

Ladungsliste:
http://www.nsu-watch.info/prozess/vorschau-prozess

Initiative Keupstraße ist überall | Berliner Str.20 | GWM c/o Kulturbunker | 51063 Köln
Presse-Kontakt: medien (at) keupstrasse-ist-ueberall (punkt) de